Abstract: |
Im Juli des letzten Jahres lehnte das Europäische Parlament die Ratifizierung
des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) in Folge von europaweiten
Protesten gegen die im Abkommen enthaltenen Maßnahmen zum Schutz des
Urheberrechts im Internet ab. Zu Beginn des vergangenen Jahres war das durch
die Europäische Kommission und private Akteure vorangetriebene Abkommen in der
Öffentlichkeit sowie bei vielen Politikern weitgehend unbekannt. Durch die
Formierung einer lose zusammenhängenden Bewegung aus NGOs, Internetaktivisten
und vor allem individuellen Internet-Nutzern wurde der internationale Vertrag
binnen kurzer Zeit in der Öffentlichkeit thematisiert und politisiert. Der
vorliegende Beitrag fragt nach der Rolle, die die Anti-ACTA-Bewegung für das
Scheitern des Abkommens gespielt hat. Zivilgesellschaftlichen Akteuren und
sozialen Bewegungen wird in der Literatur zu politischer Interessensvertretung
im Gegensatz zu ressourcenstarken Akteuren nur wenig Durchsetzungsstärke in
politischen Entscheidungsprozessen zugeschrieben. Vor diesem Hintergrund wird
anhand einer Diskursnetzwerkanalyse die Konfiguration des Diskurses um ACTA
veranschaulicht und gezeigt, dass sich die ACTA-Gegner als eine von zwei
konkurrierenden Diskurskoalitionen durchsetzen konnten. Durch die Besetzung
zentraler Frames dominierten sie den Diskurs und konnten einen wesentlichen
Einfluss auf die parlamentarischen Entscheidungsträger in Europa ausüben. Die
Analyse erfolgt mit Hilfe der Computer-Software Discourse Network Analyzer
(DNA), die es ermöglicht, Akteure und Konzepte zu verknüpfen und die
Entwicklung des Diskurses dynamisch zu visualisieren. -- In July 2012, the
European Parliament rejected the ratification of the Anti-Counterfeiting Trade
Agreement (ACTA) as a consequence of Europe-wide protests. A few months
before, the international treaty that was drafted and promoted by the European
Commission and certain private actors was largely unknown to the public and
many politicians. Within a short time, however, it was politicized through the
formation of a loosely connected movement of NGOs, Internet activists, and
especially individual internet users. This paper examines the role played by
the Anti-ACTA movement concerning the failure of the agreement. Literature on
political interest representation generally attributes much less assertiveness
to civil society actors and social movements than to resource-rich actors in
political decision making. Against this background, by illustrating the
configuration of the discourse on ACTA, the paper argues that the opponents
have prevailed as one of two competing discourse coalitions. By occupying key
frames they achieved to dominate the discourse and to have a significant
influence on the decision-makers in the European Parliament. The analysis is
performed by using the computer software Discourse Network Analyzer (DNA) that
links actors and concepts and renders it possible to visualize the discourse
development in a dynamic way. |